[Unsere Pressemitteilung vom 5.6.2020] Kritik an rassistischer Berichterstattung zu aktuellen Corona-Fällen in Göttingen +++ Solidarität mit den Betroffenen statt unsozialer und schutzloser Wohnungspolitik der Stadt

Pressemitteilung der Hausgemeinschaft Goßlerstraße 17/17a vom 5.06.2020

Kritik an rassistischer Berichterstattung zu aktuellen Corona-Fällen in Göttingen +++ Solidarität mit den Betroffenen statt unsozialer und schutzloser Wohnungspolitik der Stadt

Die Bewohner_innen der Hausgemeinschaft Goßlerstraße 17/17a kritisieren die mediale Hetze sowie die stigmatisierende und rassistische Berichterstattung und Äußerungen durch Politiker_innen und Öffentlichkeit  seit dem Bekanntwerden neuerer Corona-Infektionen im Zentrum von Göttingen vergangener Woche. Sie sehen die wirklichen Ursachen in einer unsozialen Wohnungspolitik und mangelnden Schutzmaßnahmen für die Betroffenen durch die Stadt und rufen zu Solidarität mit den Bewohner_innen auf.

Seit dem Bekanntwerden neuerer Infektionen im Zentrum von Göttingen vergangene Woche ist eine deutlich rassistische Berichterstattung und Stimmungsmache in der lokalen, aber auch überregionalen Presse zu beobachten. Das Statement vom Göttinger Roma Antidiscrimination Network vom 4.6.2020 fasst die Sachlage und wie diese fälschlich abgeändert wird, ziemlich gut zusammen (https://ran.eu.com/hetze-wegen-corona-in-gottingen-breitet-sich-aus/).

Laut Roma Antidiscrimination Network zeigt die Vorgeschichte zu den Infektionen, dass die Bewohner_innen des Wohnblocks sehr wohl auf das Infektionsrisiko aufmerksam gemacht hatten und mehrfach Kontakt zu Behörden der Stadt und Polizei hatten, sie aber nicht Ernst genommen wurden. Auch wurden von den Bewohner_innen geforderte Tests am 25. Mai mit Verweis auf mangelnde Symptome von den Behörden abgelehnt. Dies wird jedoch in den meisten Berichterstattungen verschwiegen. 

Myriam Luna, Bewohnerin der Goßlerstraße 17/17a erklärt: “Was in diesem konkreten Fall hier in Göttingen deutlich wird: Stigmatisierende Bilder von vielbeschworenen sozialen Brennpunkten und Bewohner_innen im NDR als “rücksichtlos und asozial”, bestärken in der Mehrheitsgesellschaft verbreitete Ressentiments. Und ganz so, als sei es nicht passiert, dass vor gut drei Monaten ein deutscher Rassist neun Menschen aus rassistischem und verschwörungsideologischem Antrieb ermordete, überbieten sich sogenannte deutsche Leitmedien derzeit darin den vermeintlichen Sündenbock gefunden zu haben. Das angebliche Corona-verbreitende Übel wurde schnell ausgemacht: “Brennpunkt”, Großfamilien und Shishabars. Und es sorgt für größere mediale Aufmerksamkeit als Corona-Ausbrüche in gutbürgerlichen Restaurants, in Logistik- und Schlachtbetrieben oder bei Zusammenkünften von christlichen Gläubigen.”

Weiter sagt Myriam Luna: “Hier wird deutlich, dass der Wohnort nicht nur darüber entscheidet, wie gut sich Menschen selbst vor einer möglichen Infektion schützen können, sondern auch darüber, inwieweit sie von staatlicher Seite vor einer solchen geschützt werden. In einem Wohnblock mit bis zu 700 Bewohner_innen auf engem Raum ist die Wohnsituation auf vielen Ebenen anstrengend und belastend. In Zeiten von Pandemien wie momentan durch das Corona-Virus bedingt, bedeutet die gemeinsame Nutzung von Hauseingängen, Treppenhäusern, Fahrstühlen und Mülltonnen mit mehreren Hundert anderen Menschen, ein erheblich höheres Risiko einer Ansteckung als in Wohngegenden mit Einfamilienhäusern und Abstand zwischen Grundstücken. Wieder einmal wird klar: Vor dem Virus sind nicht alle Menschen gleich. Nicht alle Menschen werden gleich geschützt, sondern die Infektion in prekären Wohnsituationen billigend in Kauf genommen. So in Lagern und Gemeinschaftsunterkünften, in denen Geflüchtete wohnen müssen, aber auch in großen Wohnblocks von Mieter_innen mit geringem Einkommen. Bricht dann eine Infektionskette aus, wird die Schuld dafür den Bewohner_innen zugeschoben und sie als unverantwortlich oder fahrlässig dargestellt.”

Das Roma Antidiscrimination Network schreibt dazu: “In der aktuellen Situation müssen diese Menschen sich nun nicht mehr nur Sorgen um ihre kranken Angehörigen machen, sondern werden wieder einmal in unserer Stadt stigmatisiert. Die Hetzte gegen sie breitet sich aus.”

Myriam Luna schließt mit der Worten: “Als Bewohner_innen der Hausgemeinschaft Goßlerstraße 17_a verurteilen wir die bewusst fälschliche und rassistiche Berichterstattung über die Neuinfektionen im Iduna-Zentrum der letzten Tage und solidarisieren uns mit den Bewohner_innen! Das Recht auf würdevolles Wohnen und gesundheitliche Unversehrtheit/Schutz darf nicht vom Einkommen oder sozialen Status der Menschen abhängig gemacht werden! Alle Menschen haben das Recht auf Schutzmaßnahmen vor Infektionen.”

Pressekontakt:
Myriam Luna
gosse@riseup.net
 

[Untere Maschstraße 13] Solidarität mit den Bewohner*innen der Untere-Masch-Straße 13 in Göttingen! Coreo, verpiss dich!

Solidarität mit den Bewohner*innen der Untere-Masch-Straße 13 in Göttingen! Coreo, verpiss dich!

Wir veröffentlichen hier die Pressemitteilung der Bewohner*inneninitiative Untere-Masch-Str. 13 vom 26. Mai 2020:

Im April 2020, während der Corona-Pandemie, kamen die ersten Kündigungen in der Untere-Masch-Str. 13 an. Abrissarbeiten waren im Haus in den letzten Monaten umfänglich durchgeführt worden, nun steht die angekündigte Sanierung still. Dabei sollten nicht nur die notwendigen Arbeiten durchgeführt werden, sondern es sollte eine Aufwertung stattfinden, die bezahlbaren Wohnraum in der Göttinger Innenstadt weiter zerstört.
Die Bewohner*inneninitiative hatte das Gespräch mit den Eigentümern gesucht, um gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten. Nun kämpft die Initiative mit anwaltlicher Unterstützung weiter.

Im Februar hatte es persönliche Gespräche zwischen Armin Ede, ‚Head Of Asset Management‘ der Coreo AG, und den Bewohner*innen gegeben. Ein Bewohner berichtet: „Anders als zugesichert, haben Coreo und deren Tochter Trident Real Estate sich weiteren Verhandlungen entzogen. Stattdessen flatterten die Kündigungen ins Haus. Das macht nochmal deutlich, dass es dieser Firma kein Bisschen um die Mieter*innen geht!“ Viele hatten die knallharte Strategie der kalten Entmietung nicht länger ertragen. Sie sind bereits an den Rand der Stadt gezogen oder schlafen notdürftig ausgestattet bei Freunden im Wohnzimmer.

Über die Wintermonate hatte die Heizung mehrere Wochen nicht funktioniert, enormer Baulärm hielt monatelang an, Risse in den Wänden entstanden durch die Abrissarbeiten. Müll und massenhaft Bauschutt wurden ohne Schutzmaßnahmen einfach aus den Fenstern geworfen, berichtet ein Mieter. Nach wie vor ist die Eingangstür nicht abschließbar – nach langer Zeit wurde zwar ein Schloss eingesetzt, doch nicht das entsprechende Gegenstück. Auch die Taktik von Coreo, die Mieter*innen zum Auszug zu bewegen, ist alles andere als seriös. „Die Kommunikation ist ein Desaster, meistens bekommen wir nichts von den Plänen mit unserem Zuhause mit. Die erste Ankündigung von Trident, dass man ausziehen müsse, fand durch Zettel im Haus statt, die nicht einmal grammatisch in Ordnung waren,“ so der Mieter weiter.

Sein Nachbar sagt: „Wir lassen uns von diesem Vorgehen nicht einschüchtern.“ Auf das erste Schreiben des Anwalts der Mieter*innen haben Coreo und Trident nicht reagiert. „Man kann uns doch nicht mitten in einer Krise auf die Straße setzen, in der das wichigste für einen selbst und die Mitmenschen ist, zu Hause zu bleiben!“

Die Bewohner*inneninitiative hatte bereits im Frühjahr 2019 kritisiert, dass die Stadt Göttingen die nötigen Hebel nicht in Bewegung setzt, um Mieter*innen zu schützen. „Es ist bestenfalls eine Doppelmoral, wenn die Stadt Investoren in Massen in diese Stadt lässt, und dann verwundert und hilflos tut, weil diejenigen in der Stadt, die nicht reich sind, ihre Wohnungen verlieren,“ schließt ein Aktiver.

Hausgeburtstag am 6. Mai: 39 Jahre Gosse17_a – The struggle continues!

Happy Birthday liebe Gosse 17_a!

Unter der Überschrift “Wir greifen dem Studentenwerk unter die Arme” wurden am 6. Mai 1981 unter großer öffentlicher Aufmerksamkeit unser Haus in der Gosslerstrasse 17/17a, sowie ein Haus in der Weender Straße besetzt.

Wir feiern heute (mit der nötigen Corona-Vorsicht leider nur intern) den 39. Jahrestag der Besetzung (und damit Erhaltung) unseres Hauses am 6. Mai 1981!

 

 

 

 

 

 

 

Unser Dank gilt den Besetzer*innen und allen Menschen, die dieses Haus erkämpft, bewohnt und erhalten haben. Die Geschichte des Hauses, der damaligen Kämpfe und mehr wollen wir am Leben erhalten und laden euch ein nächtes Jahr mit uns gemeinsam den 40. Jahrestag zu feiern.

Wir solidarisieren uns mit Kämpfen für Freiräume und allen emanzipatorischen Kämpfen weltweit. The struggle continues!

Corona, Krise, Kapital…? – Unsere Antwort ist Solidarität!

#Mietenstreik
#getThemOut

#LeaveNoOneBehind

Als ein linkes, selbstverwaltetes Göttinger Hausprojekt, in dem wir gemeinsam das solidarische Zusammenleben erproben, möchten wir ein paar Gedanken zur aktuellen Situation mit euch teilen.

Wie viele andere finden wir uns in einer Gesamtlage wieder, die wir uns vor einigen Wochen nichtmal ansatzweise hätten vorstellen können. An allen Ecken und Enden spitzt sich die gesellschaftliche Situation gerade zu. Menschen sind mit der Angst konfrontiert, durch einen viralen Infekt in akute Lebensgefahr zu geraten, Lohnabhängige im Gesundheitswesen arbeiten weit jenseits ihrer Leistungskapazitäten, Geflüchtete, die bereits vorher an den EU-Grenzen der Verelendung ausgesetzt waren, finden sich wieder zwischen Polizeiknüppeln, faschistischen Banden und Covid-19-Infektionsherden.

Auch für uns in unserem beschaulichen Hausprojekt gilt es mit der Situation einen Umgang zu finden, im Kontakt zu Freund_innen und Familie auf Abstand zu gehen und den Impuls, dieser Gesamtscheiße irgendwas entgegenzusetzen damit in Einklang zu bringen, dass direkte Treffen mit Friends, Nachbar_innen und unseren politischen Zusammenhängen nicht ohne Weiteres möglich sind. Aus diesem Gemisch aus Ohnmacht und dem Wunsch unserer Frustration über den Status quo Ausdruck zu verleihen haben wir diesen kurzen Text verfasst. Natürlich lässt sich hier die Komplexität der Situation nicht in ihrer Gänze erfassen.

Immer mehr Staaten auf der Welt haben im Rahmen der Ausbreitung von Covid-19 steigende Infiziertenzahlen zu verzeichnen. Vielerorts wurden die Kapazitäten der Gesundheits- und Versorgungsapparate schon jetzt bei weitem überstiegen – tägliche Meldungen von hunderten Toten und verzweifelten Menschen, die im Gesundheitswesen tätig sind, legen davon Zeugnis ab.

Es ist absehbar, dass dies auch weiter anhalten wird. Nun starten viele Staaten Maßnahmen, um das Tempo der Ausbreitung zu drosseln und dadurch Zeit zu gewinnen, um die Infrastruktur der Krankenhäuser aufzurüsten. Infektionsherde sollen eingedämmt, der physische Kontakt zwischen Menschen massiv reduziert und das öffentliche Leben quasi auf Standby gestellt werden.

Stay the fuck at home? Shut the fuck up!

Um es direkt zu klären: Wir richten uns hier keinesfalls gegen den Appell von Forschung und Medizin, soziale Interaktion zu minimieren, zu Hause zu bleiben und so die weitere Ausbreitung von Covid-19 zu verlangsamen. Gerade aus Rücksicht auf diejenigen, deren Immunsystem einer Infektion nicht gewachsen ist, sollten Vernunft und ein ansatzweises Verständnis der Ausbreitungsmechanismen uns dazu anhalten, sich umsichtig an diese Richtlinien zu halten.

Jedoch sollte uns bewusst sein, dass stay the fuck at home nicht für alle den Rückzug ins Kleinfamilienidyll, die gemütliche WG oder das mit Spreewaldgurken und Automatikgewehren ausgestattete Prepper-Domizil bedeutet. Stay the fuck at home bedeutet für viele dem gewalttätigen Partner ausgeliefert zu sein, mit ihrer Depression sich selbst überlassen zu werden, weiter zu vereinsamen und sich den Kopf darüber zu zerbrechen, wie mit dem Wegfall des prekären Einkommens die nächste Miete oder der Krankenversicherungsbeitrag aufgebracht werden soll.

Für zahlreiche Menschen, die von Hartz IV und anderen staatlichen Lebenserhaltungsmaßnahmen abhängig sind, stellen die soziale Isolation, die eingeschränkte Teilhabe am öffentlichen Leben und die Sorge vor Lebensmittelknappheit zudem keinen Ausnahmezustand, sondern ständige Lebensrealität dar. Vielleicht noch mit dem Unterschied, dass nicht die Leere der Supermarktregale, sondern die des eigenen Portemonnaies als limitierender Faktor im täglichen Struggle um Nudeln und Konserven den Ton angibt – hamstern muss man sich auch erstmal leisten können. Ebenso das home, in das wir uns zurückziehen sollen. Wohnungslose, die auch im ‘Normalzustand’ sowieso schon den Kürzeren gezogen haben, sind in der aktuellen Sitation literally Schutzlos.

Gleichzeitig wird social distancing jedoch nach zweierlei Maß verfolgt:

Während Kinos, Theater und Bars geschlossen und Demonstrationen, Feiern oder Sportveranstaltungen verboten werden, sollen die Menschen dennoch fleißig ihrer Lohnarbeit nachgehen. Möglichst von zu Hause, was für einen kleinen Teil der Beschäftigten möglich ist, ansonsten aber wie gewohnt. Größere Produktionsstätten wie nun die Autohersteller, stellen ihre Produktion tatsächlich erst ein, wenn die Nachfrage nach ihren Gütern nicht mehr besteht. Ansonsten soll alles weiter laufen wie gehabt. Kurz: Das staatliche Krisenmanagement muss den vage vorhersehbaren Ausfall von Produktivkräften sorgsam gegen die Aufrechterhaltung des Betriebes abwiegen, um die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft erhalten zu können.

Zur Belohnung gibt es für die vorbildlichen Bürger_innen statt Ausgangssperre nur das Kontaktverbot. Als unterstützende Maßnahme zur Selbstdisziplinierung wurde aber auch ein rigoroses Durchgreifen der Exekutive versprochen, sollten doch mal leichte Zweifel am staatlich verordneten Verfahren aufkommen.

Unsocial distancing

Die staatliche Betrachtung von Corona als “nationale Herausforderung” (Söder et al.) macht es eigentlich schon klar: Nicht allen Menschen gilt der Schutz des Staates. Während deutsche Staatsbürger_innen auf Staatskosten aus allen Teilen der Welt aus ihren Urlaubsdomizilen eingeflogen werden, finden parallel sogar noch Abschiebungen aus Deutschland statt. Nationale Grenzen wurden in der Panik des Ausnahmezustands ohne besondere Rechtfertigungsbemühungen kurzerhand geschlossen.

An den europäischen Außengrenzen werden Schutzsuchende mit allen Mitteln daran gehindert, ihr Recht auf Asyl in Anspruch zu nehmen. An der griechisch-türkischen Grenze wurden sogar Menschen erschossen, andere harren zu Tausenden eingepfercht auf den griechischen Inseln in Lagern wie Moria aus, wo sie sehenden Auges einem möglichen Ausbruch der Pandemie ausgeliefert werden. Die Ausgangssperren und die katastrophalen hygienischen Bedingungen sowie der extreme Mangel an medizinischer Versorgung könnten schon bald zu tausendfachen Todesfällen führen, doch die Betroffenen werden einfach eingesperrt und aufgegeben.

Doch selbst in den Massenunterkünften in Deutschland werden Geflüchtete jeglicher Rechte beraubt und ihre Ansteckung billigend in Kauf genommen, obwohl es ein Leichtes wäre, sie bspw. in leerstehenden Hotels unterzubringen. Die katastrophale Hilflosigkeit der Gesellschaft zeigt sich in Szenen wie in Suhl, in der ein Sondereinsatzkommando mit Schutzanzügen Menschen gewaltsam in einer Unterkunft festnahm, weil diese angeblich gegen Sicherheits-Auflagen verstoßen hätten.

Who cares?

Das Corona-Virus ist zwar gesundheitlich bedrohlich und potentiell lethal für Menschen mit Vorerkrankungen oder im hohen Alter seine volle tödliche Wirkung ergibt sich jedoch aus der Tatsache, dass Menschen in Bedingungen leben müssen, in denen sie sich nicht vor Ansteckung schützen können und nicht genügend Infrastruktur zur Verfügung steht, die Infizierten ausreichend zu versorgen. Die dramatischen Nachrichten über die Lage in Italien führen uns momentan deutlich vor Augen, dass die hohe Sterblichkeit nicht lediglich auf die körperliche Verfassung der Erkrankten zurückgeführt werden kann. Es ist also nicht zwingend das Virus das tötet: Jahrzehntelange Kürzungen im Gesundheitsbereich, massenhafte Privatisierungen, und die generell viel zu geringe Wertschätzung und Entlohnung von Pflegearbeit tragen erheblich zu der Misere bei.
Dass die Carearbeit zum Großteil von Frauen* getragen wird, die nebst der Erwerbstätigkeit noch selbst zusehen können wie die beruflichen Anforderungen mit der Sorgearbeit um die eigene Familie in Einklang gebracht werden können, verkommt zur Randnotiz.

Corona is a class issue

Die sozialen Ausgrenzungs- und Ungleichheitsstrukturen werden durch den Ausbruch des Virus’ derartig sichtbar, dass sie sich auf die Frage von Leben und Tod zuspitzen. Dabei zeigt sich auch, wie bereitwillig Staaten ihre Handlungen daran orientieren, den Tod bestimmter Personengruppen in Kauf zu nehmen, um andere zu schützen. Doch wir alle sind vom autoritären staatlichen Handeln und der Einstampfung jeglicher Bürger_innenrechte betroffen, die durch die Notstandsrhetorik gerechtfertigt werden – sei es durch geschlossene Grenzen, Ausgangssperren oder massenhafte Auslesung von Handydaten, um Bewegungsprofile von potentiellen Corona-Verbreiter_innen zu erstellen. Auch wenn im Angesicht dieser lebensbedrohlichen Situationen von den Menschengruppen, die als nicht schützenswert klassifiziert werden, die Probleme derer, die sich nur um Klopapierreserven und Langeweile sorgen müssen, ziemlich harmlos erweisen, zeigt das Virus doch auf einzigartige Weise, wie viele Menschen eigentlich im Kapitalismus negativ betroffen sind, es häufig nur nicht so wahrnehmen.

Das könnte alles ganz anders sein!

Natürlich, sich rasch ausbreitende Infektionskrankheiten sind in unserer globalisierten Welt ein kaum zu vermeidendes Übel. Ebensowenig kann die Menschheit Vulkanausbrüchen, Erdbeben oder den daraus resultierenden Tsunamis direkt etwas entgegen setzen. Was aber durchaus unserem Einfluss unterliegt ist der gesellschaftliche Umgang mit diesen Ereignissen.

Baut solidarische Strukturen in euren Nachbarschaften, Vierteln und Städten auf! Unterstützt diejenigen, die auf Unterstützung angewiesen sind oder diese einfordern – nicht nur jetzt sondern dauerhaft. In einer Gesellschaft, in der das Wohlbefinden der Menschen und deren Umsorgung ein grundlegendes Prinzip wäre, würden Viele in der Not von Vielen aufgefangen.

Wir fordern, dass nicht nur in der aktuellen Krise sondern zu jeder Zeit die Arbeit im Gesundheitssektor sowie jegliche Form von Pflege und Sorgearbeit gesellschaftlich gewertschätzt, unterstützt und gut bezahlt wird. Denn in einer Gesellschaft mit genügend Intensivbetten für den Notfall und Menschen, die von ihrer Sorgearbeit leben können, bräuchte es keinen derartigen Ausnahmezustand wegen eines Virus.

Wir fordern, dass das europäische Lagersystem abgeschafft wird. Die Lager auf den griechischen Inseln, in nordafrikanischen Staaten und auf dem EU-Festland müssen sofort geschlossen werden! Geflüchtete haben das Recht auf eine würdige individuelle Unterbringung, in der sie genauso geschützt werden vor Erkrankungen, wie alle anderen Menschen auch.

Unter diesem Licht und auch im Hinblick auf die vielen Wohnungslosen in Deutschland, wird der Aufruf #staythefuckathome zu Farce. Wir fordern, dass wohnungslose Menschen die Möglichkeit haben kostenlos und unbegrenzt in Hotels unterzukommen und versorgt werden!

Wir rufen daher alle Vermieter_innen dazu auf, Mieter_innen die Miete zu erlassen, und das nicht nur solange diese Art Ausnahmezustand herrscht! Da wir jedoch auch wenig Hoffnung haben, dass sich Vermieter_innen diesem Aufruf anschließen werden, rufen wir die Mieter_innen zum Streik auf: Verweigert die Miete kollektiv und organisiert euch!

Wir fordern ein bedingungsloses Grundeinkommen ohne Vorbedingungen für alle Menschen, die Bedarf anmelden!

Wenn der aktuellen Lage irgendwas Positives abgewonnen werden kann, dann die Einsicht, dass der Kapitalismus offensichtlich nicht alternativlos ist und eine gesellschaftliche Antwort jenseits von Vereinsamung und Barbarisierung artikuliert wird. Es liegt an uns, unser Zusammenleben so zu gestalten, dass die Versorgung von Grundbedürfnissen keine Frage der individuellen Kaufkraft, des Reisepasses oder der geschlechtlichen Sozialisation ist und sich unser Wirtschaften und unsere Gesellschaft an den Bedürfnissen der Menschen orientieren. Deshalb sind alle sehnsüchtigen Blicke auf ein Nach-dem-Corona, auf ein Zurück-zur-kapitalistischen-Normalität eine verheerende Illusion. Denn eines ist gewiss: Weder Markt noch autoritäre Hamster werden das für uns regeln.

Lasst uns jetzt gemeinsam und solidarisch für eine andere Normalität streiten!

Die Hausgemeinschaft Goßlerstraße 17/17a

Kontakt: gosse@riseup.net

Pressemitteilung vom 18.02.2020: Polizei stellt nach rechtem Brandanschlag auf selbstverwaltetes Wohnprojekt Ermittlungen ein – Gleichzeitig weitere Fälle rechter Gewalt in Göttingen

Pressemitteilung des Hausprojekts Goßlerstraße 17/17a vom 18.02.2020

Polizei stellt nach rechtem Brandanschlag auf selbstverwaltetes Wohnprojekt Ermittlungen ein – Gleichzeitig weitere Fälle rechter Gewalt in Göttingen

Nachdem im vergangenen Oktober Neonazis Feuer im Garten des selbstverwalteten Wohnprojekts in Göttingen gelegt hatten, hat die Polizei Göttingen nun bekannt gegeben, dass sie die Ermittlungen und die Suche nach Täter_innen einstellt. In derselben Nacht und einige Wochen zuvor gab es währenddessen weitere Zerstörungen an der Gartenpforte des betroffenen Hausprojektes sowie Anschläge und Beschädigungen an weiteren Hausprojekten in der Nachbarschaft.

Das Ende Oktober mit Brandbeschleuniger gelegte Feuer in einem Unterstand konnte von den Bewohner_innen zum Glück rechtzeitig bemerkt und gelöscht werden. Parallel waren am benachbarten Uni-Campus Nazi-Schmierereien aufgetaucht. Die Bewohner_innen hatten Anzeige erstattet. Am 2. November 2019 hatten dann über 350 Menschen bei einer Kundgebung vieler Göttinger Initiativen vor dem betroffenen Hausprojekt gemeinsam für eine solidarische Nachbarschaft  und gegen rechte Gewalt in Göttingen und überall demonstriert.

Nun gab die Polizei Göttingen in einem Schreiben Ende Januar bekannt, dass sie die Ermittlungen wegen Sachbeschädigung einstellt. In derselben Nacht wurde am vom Brandanschlag betroffenen Hausprojekt in der Goßlerstraße die Gartenpforte beschädigt und ein schwarzroter Stern entwendet, sowie Zerstörungen an zwei weiteren Hausprojekten in der direkten Nachbarschaft festgestellt. Einige Wochen davor kam es zur lebensgefährlichen Sabotage an den Rädern mehrerer Autos, die vor dem antirassistischen Hausprojekt OM10 in der Göttinger Innenstadt abgestellt waren.

Luca Wolf, Bewohner_in der Goßlerstraße 17_a, erklärt: „Wir nehmen zur Kenntnis, dass es der Polizei an Willen und Bereitschaft fehlt gegen rechte Angriffe und Nazi-Strukturen in Göttingen aktiv zu werden und wirksam zu handeln. Dazu gehört auch, dass nur wegen Sachbeschädigung und nicht wegen rechter Brandstiftung ermittelt wird.

Anderes haben wir allerdings auch nicht erwartet, denn die Vergangenheit zeigt, dass die Polizei auf dem rechten Auge blind ist und Betroffenen kaum Schutz vor rechter Gewalt geboten wird, während kontinuierlich daran gearbeitet wird, antifaschistischen Protest und Strukturen zu kriminalisieren und zu delegitimieren – ob durch Gesetzesverschärfungen oder Meinungsmache im öffentlichen Diskurs. Gleichzeitig zeigen die erneuten Fälle von Angriffen in Göttingen, dass sich nichts verändert hat und die Nazis sich in Göttingen sicher fühlen. Ereignisse wie die Ministerpräsidentenwahl mit Stimmen der faschistischen AfD in Thüringen stärken Nazis geradezu den Rücken. Diese Angriffe reihen sich ein in eine Vielzahl von Angriffen auf Hausprojekte, Kneipen und Einzelpersonen in Göttingen durch Neonazis in den vergangenen Monaten.“

Abschließend erklärt Luca Wolf: “Unsere Antwort auf die zunehmende Gewalt durch Nazis heißt Solidarität. Diese Angriffe sind keine isolierten Angriffe oder nur Vandalismus, sondern eine neue Dimension rechter Gewalt hier in Göttingen, die nicht einfach ohne unser Zutun verschwindet. Deshalb und auch aufgrund der mangelnden Handlungsbereitschaft durch Polizei und Stadt ist es dringend nötig, dass sich die Göttinger_innen auch weiterhin und immer wieder entschlossen gegen Neonazis und ihre menschenverachtende Ideologie stellen und den antifaschistischen Selbstschutz stärken.“

Pressekontakt
gosslerstrasse17a.noblogs.org
gosse@riseup.net

 

[Untere Maschstrasse 13] Offener Brief von Bewohner*innen an Coreo AG

Wir dokumentieren hier den Offenen Brief von den Bewohner*innen, die noch in der Unteren Maschstrasse 13 leben, und Unterstützer*innen, an die Coreo AG und solidarisieren uns ausdrücklich mit euch! (an dieser stelle auch nochmal ein Verweis auf unsere Pressemitteilung zur UM13 vom Herbst 2019 hier) Fight Investors, fight Capitalism!

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An die Coreo AG und Trident Real Estate

Liebe Entscheidungsbefugte, lieber Herr Ede,

mit diesem offenen Schreiben antworten wir auf Ihren Brief, den Sie im
Januar 2020 an alle, die noch in der Untere-Masch-Str. 13 wohnen, geschickt haben.
Entgegen unseren Erfahrungen behaupten Sie in diesem Brief, Sie wollten kein
Klima der Angst schüren und würden lediglich das Angebot, dass wir in noch
heruntergekommenere Häuser ziehen sollen, erneuern. Im nächsten Moment
drohen Sie aber mit Paragraphen zur Kündigung, die Sie „prüfen“ werden.
Die Bauarbeiten zur Aufwertung unseres Hauses haben bereits begonnen. Wir
spüren am eigenen Leib die kalte Entmietung: Unsere Heizungen funktionieren
nicht und werden nicht repariert. Wie würden Sie leben im Januar ohne
Heizung und mit der Sorge, dass auch Wasser und Strom gefährdet sind? Wie würde es Ihnen in einem Haus gehen, dessen Leitungen nicht fachmännisch versorgt werden?
Zeit für uns, unser Angebot ebenfalls zu erneuern: Die Untere Masch 13
ist unser Zuhause und wir werden nicht an den Rand der Stadt in Häuser ziehen, die so heruntergewirtschaftet sind wie die, die Sie uns anbieten. Wenn Sie auch die Wohnungen, in denen wir jetzt noch wohnen, sanieren, stimmen wir dem unter der Bedingung zu, dass wir nach den Sanierungsarbeiten wieder in unsere
Wohnungen ziehen können und der Mietpreis der gleiche bleibt. Während der
Bauarbeiten wären wir bereit, zeitlich begrenzt und zum selben Mietpreis
in eine andere, bereits sanierte Wohnung im Haus Untere-Masch-Str. 13 umzuziehen.
In Ihrem Schreiben machen Sie ein Gesprächsangebot, auf das wir hiermit
eingehen: Wir wünschen uns als Ansprechpartner jemanden, der
entscheidungsbefugt ist. Kommen Sie in die Untere-Masch-Str. 13 und
lassen Sie uns verhandeln.

Mit freundlichem Gruß
Alle, die noch in der UM13 leben, und Unterstützer*innen

[Neues zum Brandanschlag] Einstellung der Ermittlungen + Beschädigungen bei uns und in der Nachbar*innenschaft

Vor einigen Tagen erhielten wir die Nachricht von Polizei und Staatsanwaltschaft, dass die Ermittlungen (wegen “Sachbeschädigung”) nach dem Brandanschlag in unserem Garten und auf unser Haus am 28.10.2019 nach nur zweieinhalb Monaten eingestellt worden sind. Während gleichzeitig eine zehnköpfige Sonderkommission nach vermeintlichen Täter*innen nach dem Brand in der Ausländerbehörde in Göttingen sucht sehen mal wieder wie unmotiviert und fahrlässig staatliche Behörden und Polizei bei rechter Gewalt handeln und wir nicht auf diese vertrauen können.

Passend dazu wurden am gleichen Tag mehrere Latten sowie ein roter Stern an unserem Gartentor von Unbekannten abgerissen. Dazu kommen Verwüstungen und Angriffe auf Hausprojekte in der Nachbar*innenschaft, den KBR10+12 sowie die Gosslerstrasse 21, am heutigen Freitag 24.1.2020, wo Zäune und Umsonstregale beschädigt wurden.

Rechte Gewalt passiert immer noch jeden Tag, hier im Viertel, in Göttingen, überall, und nicht nur uns, sondern v.a. Menschen, die nicht in das menschenverachtende Weltbild der Nazis passen und nicht über so viel Rückhalt wie wir linke Hausprojekte verfügen. Bleibt wachsam und seid solidarisch.

Für ein antifaschistisches Viertel und Göttingen! Fight Nazis!

Danke für eure Spenden und Unterstützung – für ein solidarisches und antifaschistisches Jahr 2020

Liebe Freund*innen, liebe Nachbar*innen, liebe Unterstützer*innen.

Danke für eure riesige Unterstützung und Solidarität nach dem rechten Brandanschlag auf unser Hausprojekt Ende Oktober!

Wir haben so viele Spenden bekommen und jetzt zum Jahresende beschlossen alles Geld weiter an andere Gruppen, Initiativen und Betroffene zu spenden.

Einen Teil wollen wir antifaschistischen Initiativen und Gruppen in Nordhausen und Einbeck für ihre unermüdliche und schwierige Arbeit gegen Nazis und gegen Repression zukommen lassen.

Mit einer weiteren Spende drücken wir unsere Solidarität mit den Betroffenen des antisemitischen Anschlags von Halle aus.

Zuletzt haben wir in den letzten Monaten noch das Polylux-Netzwerk für Solidarität mit Projekten im Osten finanziell unterstüzt.

Merry Crisis und für ein kämpferisches, solidarisches und antifaschistisches neues Jahr 2020! (auch aus Griechenland)

#theywontgetusdown

 

Neues von der Wintergarten-Baustelle: Die Fenster sind drin!

Rechtzeitig vor dem Jahresende – und eventuellem Wintereinbruch – haben wir in der vergangenden Woche unsere nagelneuen Fenster eingesetzt. Gleichzeitig wurde dem Außenanstrich der letzte Feinschliff verpasst, sodass wir sagen können, dass wir uns jetzt ‘nur’ noch um den Innenausbau kümmern müssen.

Und nun, da auch unser Baugerüst aka unsere XL-Transpihalterung abgebaut wurde, haben wir freien Blick auf die Fassade unserer neuen Wintergärten.

Wenn ihr noch Geld übrig habt, dann empfehlen wir euch eine Spende ans Polylux-Netzwerk für Solidarität mit Projekten im Osten oder an die Hinterbliebenen der Anschläge von Halle.

Merry crisis and a happy new fear!

“To the windooow, to the wall!” (P. Kropotkin)