Wer wir sind

Entstehungsprozess & Stand der Gruppe

Im Frühjahr 2017 bildete sich unsere Hausprojektgruppe als Folge einer Auseinandersetzung mit dem Göttinger Studentenwerk um Mieterhöhungen. Gemeinsam mit anderen kleinen Wohnheimen, die wie wir in der Wohnrauminitiative Göttingen organisiert sind, setzten wir uns für den Erhalt von bezahlbarem Wohnraum sowie für den Ausbau unserer Selbstverwaltung ein. Seitdem trifft sich unsere stetig wachsende Hausprojektgruppe des GO 17 mit dem gemeinsamen Ziel, das Haus in der Goßlerstraße 17/17a  zu kaufen und es so dem von Gentrifizierung und Spekulationen geprägten Immobilienmarkt zu entziehen. Uns verbindet der Wunsch danach, Wohnraum ins Kollektiveigentum und in die Selbstverwaltung derjenigen, die das Haus bewohnen, zu überführen, um unser Leben dort gemeinschaftlich, selbstbestimmt und solidarisch zu gestalten. Dabei ist uns ein wichtiges Anliegen eine langfristige Perspektive für das Haus zu schaffen und die Entstehung anderer Hausprojekte in Göttingen aktiv zu unterstützen und zu fördern.

Kollektive rechtliche Verantwortung

Wir übernehmen kollektiv die Verantwortung für das Haus Goßlerstraße 17/17a und für alle Aufgaben und Arbeiten, die am und im Haus anfallen. Entgegen des Leistungsprinzips in der Mehrheitsgesellschaft wollen wir unsere Arbeits- und Aufgabenverteilung unseren Kapazitäten und Bedürfnissen entsprechend gestalten und ausüben. Dabei legen wir Wert auf die Zufriedenheit aller Beteiligten sowie auf einen gendersensiblen Umgang miteinander. Weil uns Nachhaltigkeit und Ökologie am Herzen liegen, wollen wir auch für Bau- und Renovierungsarbeiten weitestgehend ökologische Materialien verwenden.

Grundsätze unseres Zusammenlebens

Als Gruppe verbindet uns der Wunsch nach einem Leben in Gemeinschaft als Alternative zur Vereinzelung. Entgegen individualisierter Lebenskonzepte wollen wir dabei auch Privates nicht außer Acht lassen, sondern aufeinander Rücksicht nehmen und uns im Alltag und bei Herausforderungen gegenseitig unterstützen. Alle Bewohner*innen des Hauses sollen gleichberechtigt sein. Deshalb streben wir ein Zusammenleben in Selbstbestimmung und Selbstverwaltung an, das auf einer antikapitalistischen, feministischen und rassismuskritischen Grundhaltung basiert.

Innerhalb der Hausprojektgruppe, aber auch unter allen Freund*innen und Gästen des Hausprojekts  ist uns Offenheit wichtig. Wir wünschen uns Heterogenität in der Gruppe und im Haus. Das bedeutet für uns, dass wir darauf achten wollen, dass Menschen mit unterschiedlichen sozialen Hintergründen einen Zugang zu der von uns angestrebten Wohnform haben können. Um das zu ermöglichen, möchten wir uns aktiv dafür einsetzen.

Das Hausprojekt soll eine Möglichkeit des Rückzugs von gesellschaftlichen Macht- und Zwangsverhältnissen bieten. Wir sind uns bewusst, dass es in dieser Gesellschaft aus emanzipatorischer Perspektive noch viel zu tun gibt. Daher wollen wir in unserem direkten Zusammenleben eine solidarische Alternative leben und weiterentwickeln, um uns gegenseitig zu unterstützen, uns als Gemeinschaft weiterzuentwickeln und weiterhin in die Gesellschaft hinein wirken zu können.

Unser Ziel ist es, selbstbestimmtes Leben dauerhaft und bezahlbar zu ermöglichen und uns dabei weder zu bereichern noch Menschen zu verdrängen. Wir haben keine Lust auf Mietsteigerung und Profitorientierung, sondern wünschen uns Solidarität als Basis unseres Zusammenlebens. Deshalb streben wir eine solidarische (Mieten-)Umverteilung innerhalb des Projektes an, in der als Maßstab gilt, was Menschen geben können und wollen.

Basisdemokratische Entscheidungsfindung

Eine möglichst große Hierarchiefreiheit ist der Anspruch an unser Zusammenleben wie auch an unsere Organisierungsform und Arbeitsweise. Deswegen treffen wir innerhalb der Hausprojektgruppe Entscheidungen im Konsens und organisieren uns basisdemokratisch. Das heißt für uns, dass alle Stimmen im Haus gehört werden, um möglichst gleichberechtigte, tragfähige und nachhaltige Entscheidungen, die unser Zusammenleben und das Haus angehen, zu treffen. Neben der Kritik an Hierarchien und Herrschaftsverhältnissen ist uns vor allem ein alltagspraktisches, unhierarchisches Miteinander im Hier & Jetzt wichtig.

Visionen

Ein Haus reicht noch nicht! Wir wollen, dass möglichst viele Häuser in Göttingen von Privateigentum in Kollektiveigentum übergehen. Wir sehen es daher als unsere Aufgabe, andere entstehende Projekte dabei zu unterstützen, Häuser zu kaufen, um daraus ebenfalls selbstbestimmte und selbstverwaltete Hausprojekte und Freiräume zu schaffen Mit dem Ziel  langfristig bezahlbaren Wohnraum zu sichern und Menschen ein kollektives und solidarisches Zusammenleben nach ihren Bedürfnissen zu ermöglichen. Unsere Vision ist daher die Gründung eines selbstorganisierten Dachverbandes / Wohnraumsyndikats in Göttingen zur gegenseitigen Unterstützung und Vernetzung von alten und neuen Hausprojekten. Dafür wollen wir einen Solidar-Fonds einrichten, in den bestehende Hausprojekte regelmäßig einzahlen und gleichzeitig zukünftige und entstehende Projekte mitfinanziert und erhalten werden können

Vernetzung in der Stadt – eine Stadt für alle!

Die Stadt gehört uns allen und soll für alle gleichermaßen zugänglich sein. Als Hausprojekt in Göttingen wollen wir eine politische Akteurin in der Stadt sein. Für das Recht auf Stadt und auf bezahlbaren Wohnraum wollen wir uns durch die aktive Erkämpfung und Gestaltung von bezahlbarem Wohnraum/Projekten langfristig einsetzen und uns weiterhin in der Wohnrauminitiative Göttingen organisieren. Wir wollen in der Wohn- und Stadtpolitik mitmischen, um eine solidarische Vernetzung und Infrastruktur zwischen den Häusern voranzutreiben.

Fragend schreiten wir voran

Wir wollen Raum für sozialen und politischen Austausch schaffen. Für einen Austausch, der über Generationen, Sozialisation und Herkunft hinweg geht und womit wir uns in der Stadt  engagieren wollen. Als Projekt wollen wir voneinander lernen und uns weiter bilden. Wir möchten unser Haus für weitere Menschen öffnen und damit Räume des Austausches und kollektiven Lernens schaffen – in Form eines kulturellen Programms, sowie Veranstaltungen zu sozialen und politischen Themen. Dieses Programm soll von allen Interessierten innerhalb und außerhalb des Hauses gestaltet werden können. Ein wichtiges Anliegen ist uns die kritische Auseinandersetzung mit gesellschaftlichen Machtverhältnissen und struktureller Gewalt (Sexismus, Rassismus, Antisemitismus, Homo- und Trans*phobie etc.), ebenso wie die Reflexion unserer eigenen Privilegien. Gemeinsam wollen wir in einer Atmosphäre der Fehlerfreundlichkeit weiterkommen, unser Wissen teilen und uns Schritt für Schritt unserem Traum eines solidarischen und selbstbestimmten Zusammenlebens mit zugewandter Offenheit und anhaltender Selbstreflexion näher kommen – nach dem zapatistischen Motto „fragend schreiten wir voran“.